Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat im Juli 2016 in Essen entschieden, dass ein 61 Jahre alter Gitarrenlehrer von 2011 bis 2014 an der städtischen Musikschule scheinselbständig beschäftigt war. Der Träger, die Stadt Ahaus, muss für diese Jahre die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, ebenso werden saftige Bußgelder fällig. (Az. L 8 R 761/14).
Erst vor kurzem berichteten wir über die Problematik der Scheinselbständigkeit und ihre Folgen. (Nachzulesen unter Achtung Falle: Scheinselbständigkeit bei Musiklehrern)
Nun hat es die Stadt Ahaus getroffen. Auch sie hat sozialversicherungspflichtig beschäftigte Musiklehrer durch billigere Honorarkräfte ersetzt.
Auslöser war eine längerfristige Erkrankung eines angestellten Musiklehrers im Jahr 2005. Die Musikschulleitung beschloss, die erkrankte Lehrkraft zunächst durch drei weitere Lehrkräfte in Teilzeit zu ersetzen, wobei diese jeweils korrekt angestellt und nach TVöD bezahlt bezahlt wurden. Die Verträge waren zunächst auf jeweils ein Jahr befristet und wurden insgesamt zwei Mal verlängert. Als der Musiklehrer schließlich starb, bot die Stadt den betreffenden Musiklehrern an, die Beschäftigung auf Honorarbasis fortzuführen, da sie mittlerweile beschlossen habe, auslaufende Festanstellungs-Verträge nicht mehr zu verlängern.
Als ihm der Vertragsentwurf für den Freien-Mitarbeiter-Vertrag vorgelegt wurde, hatte ein Gitarrenlehrer starke Bedenken, dass dieser so rechtens sei und schickte ihn an einen zuständigen ver.di-Ansprechpartner. Dieser wiederum teilte die Auffassung des Gitarrenlehrers und forderte ihn auf, den Vertrag der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zur Überprüfung vorzulegen, was dieser dann auch tat.
Das Landessozialgericht Essen stellte fest, dass einige Punkte in diesem Vertrag sehr stark ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vermuten ließen, und reichte Klage ein. Aus dem Urteil geht hervor, dass besonders die Vorgabe der Musikschulleitung, die VdM-Lehrpläne verpflichtend umzusetzen, sowie die zeitliche und örtliche Vorgabe der Durchführung des Unterrichts für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Außerdem wäre für das Gericht kein Unterschied zwischen der Tätigkeit der Honorarkräfte und der Festangestellten erkennbar gewesen, auch hätte der Lehrer keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl der Schüler gehabt.
Die Stadt unterlag nun auch im Berufungsverfahren – eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Damit ist das Urteil rechtskräftig.