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Christian Krauß (Foto: Frank Korte)

Was macht eigentlich die VG Musikedition?

Interview mit dem mit dem Geschäftsführer der VG Musikedition Christian Krauß

Die VG Musikedition ist eine Verwertungsgesellschaft, die sich um die Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche von Musikverlagen, Komponisten, Textern, musikwissenschaftlichen Herausgebern u.a. kümmert. Musikschule intern hat sich mit dem Geschäftsführer der VG Musikedition Christian Krauß getroffen und u.a. über Aufgaben einer Verwertungsgesellschaft und Rahmenverträge von Musikschulen mit der VG Musikedition gesprochen

msi: Welche Verlage werden in der VG Musikedition vertreten?

Christian Krauß: Im Grunde kann man sagen, dass die VG Musikedition flächendeckend alle deutschen Musikverlage vertritt, das sind mehr als 800. Wir gehen davon aus, dass tatsächlich über 99 Prozent des „Gesamtrepertoires“ der deutschen Musikverlage von der VG Musikedition vertreten wird. Was ausländische Verlage betrifft: die VG Musikedition hat wie alle Verwertungsgesellschaften mit ausländischen Schwestergesellschaften Gegenseitigkeitsverträge oder vertritt gerade angloamerikanisches Repertoire über hier in Deutschland ansässige Subverlage.

Welche Verlage werden nicht vertreten?

Das sind gelegentlich sogenannte „Selbstverleger“ oder „Hobby-Verleger“, also Personen, die vielleicht die ein oder andere Notenausgabe aus Spaß an der Freude verlegen, aber das ist, wenn man sich die Größe des Marktes ansieht, marginal.

Wie funktioniert die Verteilung der Einnahmen?

Die Einnahmen, die Verwertungsgesellschaften generieren, werden nach festen Verteilungsplänen ausgeschüttet. Diese Verteilungspläne werden von den Mitgliedern der Verteilungsgesellschaften beschlossen. Es ist dabei gesetzlich vorgegeben, dass eine Ausschüttung möglichst der Nutzung entsprechend erfolgen muss. Das geht in manchen Wahrnehmungsbereichen sehr genau nutzungsbezogen via Netto-Einzelverrechnung. Es gibt aber auch Sparten, da ist dies aus vielerlei Gründen nicht möglich, da muss natürlich in gewissem Rahmen pauschalisiert werden, was der Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt.

Zum Beispiel in Musikschulen?

Genau. Hier haben die Mitglieder der VG Musikedition ein Verteilungsmodell entwickelt und beschlossen, das aufgrund gewisser Pauschalierungen die Musikschulen von Nutzungsdokumentationen befreit.

Vielleicht noch ein allgemeiner Satz dazu: Verwertungsgesellschaften arbeiten nicht gewinnorientiert, das heißt sämtliche Einnahmen werden nach Abzug der Verwaltungskosten auch tatsächlich ausgeschüttet, im Falle der VG Musikedition sind das in der Regel weniger als zehn Prozent, d.h. über 90 Prozent der Einnahmen werden an Urheber und Verlage ausgeschüttet.

Wie funktionieren die Pauschalverträge mit den Musikschulverbänden?

Es gibt zwei Pauschalverträge: zum einen mit dem Bundesverband der Freien Musikschulen (bdfm e.V.), zum anderen mit dem Verband der Musikschulen (VdM). Dabei handelt es sich um Rahmenpauschalverträge, bei denen die einzelnen Musikschulen die Möglichkeit haben, jeweils gegenüber ihrem Verband den Beitritt zu diesem Pauschalvertrag vertraglich zu fixieren. Die Verbände übernehmen dann die Abrechnung gegenüber der VG Musikedition bzw. der GEMA, die in diesem Bereich die Administrierung in unserem Auftrag übernommen hat.

Was ist alles im Rahmenvertrag enthalten?

Kleinere Werke bis zu einer Spieldauer von fünf Minuten dürfen vollständig kopiert werden. Bei größeren Werken oder Sammlungen, die aus mehreren Einzelwerken bestehen, dürfen bis zu 20 Prozent kopiert werden, wobei die Fünfminutengrenze bei kleineren Werken nicht absolut zu betrachten ist. Es handelt sich um einen Richtwert, damit sind natürlich kleinere Werke wie zum Beispiel Popsongs o.a. gemeint.

Bei mehrsätzigen Werken (z.B. bei Sinfonien, Sonaten) darf ein Satz vollständig daraus kopiert werden. Bei Sammlungen, die aus mehreren Einzelwerken bestehen, geht es allerdings im Hinblick auf die Begrenzung von 20 Prozent um eine exakte Grenze, keinen Richtwert.#

Wie ist das mit Chornoten?

Chornoten dürfen ebenfalls kopiert werden. Allerdings dürfen sie nicht für Aufführungszwecke verwendet werden, während alle anderen Notenkopien auch bei Aufführungen verwendet werden dürfen.

Es gibt finanzielle Unterschiede in den Pauschalverträgen von VdM und bdfm. Warum?

Das hängt naturgemäß mit der Größe der Verbände und der Tätigkeitsausrichtung ihrer Mitglieder zusammen. Wenn Verwertungsgesellschaften Vertragspartner mit sehr großen Mitgliederzahlen haben, können in diesen Fällen entsprechende Nachlässe gegeben werden, da sich bei Bestehen der Rahmenverträge dann auch die Kosten für die Administrierung zum Teil deutlich reduzieren lassen. Darüber hinaus sind Verwertungsgesellschaften laut VGG (Gesetz für Verwertungsgesellschaften, Anm. der Redaktion) dazu verpflichtet, weitere Sozialnachlässe zu gewähren, wenn eine Musikschule nicht gewinnorientiert arbeitet.

Die VG Musikedition hat zum Beispiel auch Pauschalverträge mit den beiden großen Kirchen abgeschlossen. Da geht es um Vervielfältigungen, die für den Gemeindegesang im Gottesdienst angefertigt werden, und natürlich zahlt dann z.B. eine evangelische Gemeinde über den Pauschalvertrag mit der EKD entsprechend weniger als eine Einzelgemeinde, die nicht zu einer der beiden großen Kirchen mit ihren rund 25.000 Mitgliedsgemeinden gehört.

Wie ist Berechnungsgrundlage der Pauschalverträge für Musikschulen?

Beide Pauschalverträge bzw. der veröffentlichte Tarif sehen vor, dass nicht sämtliche Schüler einer Musikschule für die Berechnung der Vergütung zugrunde gelegt werden, sondern lediglich die Vokal- und Instrumentalschüler. Das heißt, Kinder, die bspw. in der musikalischen Früherziehung unterrichtet werden, sind für die zu zahlende Vergütung nicht relevant. Die Rechteeinräumung gilt aber dennoch für die gesamte Musikschule, also für alle Veranstaltungen und alle Unterrichtsformen. Jeder Vokal- und Instrumentalschüler wird zudem auch nur ein einziges Mal für die Berechnung der Vergütung herangezogen, auch wenn er zwei Instrumente erlernt oder zusätzlich noch in Ensembles der Musikschule mitwirkt. Es gibt also grundsätzlich keine „Doppelzählungen“ bei Doppelbelegungen.

Was denken Sie, wie der Vertrieb von Noten in zehn, zwanzig Jahren aussehen wird?

Verlage haben sicherlich unterschiedliche Blickrichtungen, wenn es um die Zukunft geht. Ein Verlag, der in erster Linie „E-Musik“ verlegt, wird die Fragen, die mit der Digitalisierung einhergehen, anders beantworten als ein „U-Verlag“. Aber eines ist klar: Digitale Angebote werden auch in Bezug auf den Erwerb von Noten ausgebaut werden, wenngleich damit immer zahlreiche rechtliche Fragen verbunden sind, gerade wenn es um Einzelwerke aus Sammelbänden geht. Und, der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass für digital erworbene Noten im Hinblick auf weitere Vervielfältigungen selbstverständlich die gleichen gesetzlichen Regeln wie für gedruckte Musikalien gelten.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Susann Krieger studierte Korrepetiton/ Musiktheater (HfM Dresden) und Rundfunk-Musikjournalismus (HfM Karlsruhe). Sie arbeitet als freie Autorin für verschiedene ARD-Rundfunkanstalten (u.a. WDR, BR, MDR, SWR) und unterrichtet Klavier. 2017 erhielt sie den Deutschen Radiopreis für die beste Reportage und wurde für den Prix Europa nominiert.

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