Bald ist das Jahr geschafft. Nur noch ein paar Monate beziehungsweise Wochen, dann haben Sie wieder ein Jahr hinter sich. Ein Jahr voll toller Schüler, toller Konzerte, und – leider – auch voll ständig wachsender finanzieller Engpässe. Und das, obwohl die Schülerzahlen nicht oder nur kaum zurückgehen? Nun ja, sprechen wir es einfach mal aus: Das, was am Monatsende übrig bleibt, reicht einfach nicht mehr. Eine Preiserhöhung muss also her.
Viele Musikschulleiter und Musiklehrer berichten uns davon, dass sie noch nie ihre Preise erhöht haben. Die Angst ist immer dieselbe: Preiserhöhungen könnten die jahrelang mühsam aufgebauten Kunden verschrecken. Die Sorge um einbrechende Schülerzahlen wächst. Oder Sie vermuten, dass Ihre Kunden zur Konkurrenz abwandern, die noch den „alten“ Unterrichtspreis anbietet.
Viele möchten doch irgendwie mit den bisher verlangten Unterrichtsgebühren zurechtzukommen und arbeiten lieber noch mehr, um die entstehenden Defizite aufzufangen. msi hat sich dieser Problematik angenommen und dieses Dilemma näher untersucht.
Fakt ist: Alles wird teurer. Sei es die Brezel beim Bäcker, der Strom, die Versicherung, das Benzin oder das Schnitzel beim Lieblings-Wirt. Nur den Musikunterricht teurer zu machen, davor scheuen sich viele, meist aus Angst, die Kunden könnten vergrault werden. Doch ist diese Angst überhaupt berechtigt?
Angst vor der Preiserhöhung?
Im Marketing wird ganz zentral vom Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung gesprochen. Dabei wird zwischen dem reellen Produktwert und dem emotionalen Produktwert unterschieden. Ersterer ist der Wert, der in Geld gemessen wird. Ein Schnitzel beim Wirt kostet 11 Euro und hat damit einen genau messbaren Wert. Der emotionale Wert dieses Schnitzels ist nur schwer messbar, muss aber immer höher liegen als der reelle Wert, denn sonst kauft der Kunde das Schnitzel nicht. Übersetzt bedeutet das, dass das Schnitzel dem Kunden die 11 Euro wert sein müssen. Ist das Schnitzel erfahrungsgemäß von geringer Qualität, also hat es in der Vergangenheit oft nicht geschmeckt, so sinkt der emotionale Wert des Schnitzels irgendwann unter die 11 Euro, so dass der Kunde nicht mehr bereit ist, 11 Euro für das Schnitzel bei diesem Wirt zu investieren. Die Konsequenz ist also, dass er das Schnitzel nicht mehr kauft und womöglich zur Konkurrenz abwandert.
Übertragen wir das Schnitzel-Beispiel in unsere Musikwelt: Ist der Musikunterricht dem Kunden den aufgerufenen Preis wert und wäre er auch bereit, noch mehr dafür zu bezahlen? Aus Erfahrung wissen wir, dass Eltern heutzutage für das Wohl des Kindes enorme Summen investieren – sei es in teure Marken-Klamotten, das neueste Handy oder in besondere Therapien oder Fördermaßnahmen. Daraus lässt sich ableiten, dass eine gewisse Grundbereitschaft, hohe Summen in die Kinder zu investieren, da ist. Warum also nicht in angemessene Musikschul-Gebühren?
Es ist also wichtig, dass der Unterricht tatsächlich mehr wert ist, als der Preis, der dafür aufgerufen wird. Doch wie kommuniziert man diesen Wert? Ganz einfach: Mein Musikunterricht ist besonders hochwertig, der Schüler lernt besonders gut, hat besonders viel Spaß, oder hat besondere Möglichkeiten. Solange der Kunde das Gefühl hat, dass der Musikunterricht seinen Preis wert ist, wird er auch dafür bezahlen.
Preiserhöhungen werden akzeptiert!
Wenn wir nun zurück gehen zum Schnitzel-Beispiel, und dieses auf eine Preiserhöhung anwenden, so ergibt sich folgende Situation: Das teurere Schnitzel wird der Kunde in der Regel ohne zu murren akzeptieren, sofern es ihm in der Vergangenheit immer geschmeckt hat. Wenn es nicht geschmeckt hat, sieht die Sache anders aus – in diesem Fall kann es vorkommen, dass der Kunde dann womöglich nicht mehr kommen wird. Es hängt also im Wesentlichen von der Qualität des Produkts ab, ob der Kunde eine Preiserhöhung akzeptiert oder nicht.
Ist nun Ihr Musikunterricht gut genug für eine Preiserhöhung? Das sollten Sie als Musikschulleiter oder Musiklehrer selbst beurteilen. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie nur minderwertigen Musikunterricht anbieten, der gerade mal mit dem Mindest-Satz vergütet werden kann, dann sollten Sie die Preiserhöhung lieber bleiben lassen. Wenn Sie allerdings der Meinung sind, Ihr Unterricht ist qualitativ hervorragend, dann steht einer Preiserhöhung nichts im Wege.
Doch wie ist es in der Realität mit Musikschulen, die die Preise erhöhen? Laufen denen die Kunden weg? Sicher nicht, sonst hätten die Musikschulen, die regelmäßig ihre Preise erhöhen, plötzlich keine Schüler mehr, genau so wie die Wirte, die ihre Preise regelmäßig erhöhen, keine Kunden mehr hätten.
Wir haben uns daran gewöhnt, dass ständig alles teurer wird. Der Strom wird teurer? Ärgerlich, aber unvermeidbar. Das Benzin wird teurer? Ist ja klar. Die Musikschule wird teurer? Naja, dann halt die auch noch.
An unserer eigenen Musikschule mit etwa 500 Schülern nehmen wir mittlerweile spätestens alle zwei Jahre, meist jedoch jährlich, eine Preiserhöhung von etwa 3 bis 5 Prozent vor. Überraschenderweise gibt es höchst selten Beschwerden bezüglich der Preiserhöhung. Nur sehr vereinzelt hören unsere Verwaltungs-Mitarbeiter einen Kommentar dazu, aber interessanterweise eher positive, die uns bestärken.
Wie kommuniziert man die Preiserhöhung richtig?
Im Marketing gibt es einen Grundsatz: Du darfst niemals defensiv kommunizieren! Sie müssen sich für eine Preiserhöhung entschuldigen.Denn dies zeigt Schwäche, und Schwäche führt sofort zu einer Abwertung der Wahrnehmung des Unternehmens und damit zu einem geringeren Kaufanreiz.
Statt zu schreiben „Wir müssen leider die Preise auf Grund von gestiegenen Strom- und Heizkosten und noch ein paar anderen Gründen erhöhen, und das obwohl wir jetzt 12 Jahre lang nie die Preise erhöht haben.“ wäre es richtig, einfach nur auf die neuen Preise hinzuweisen. Korrekt wäre also: „Ab dem 01.01. gelten die folgenden neuen Unterrichtspreise.“ – keine Entschuldigung, keine Begründung, kein Lamentieren. Einfach die neuen Preise kommunizieren.
Denn unser Wirt vom obigen Beispiel entschuldigt sich auch nicht dafür, dass das Schnitzel teurer geworden ist. Nein, vielmehr würden wir bei so einem Wirt ein ungutes Gefühl bekommen, wenn die Kommunikation aussehen würde wie „Leider mussten wir unseren Schnitzelpreis erhöhen, da wir mit der bisherigen Kalkulation daneben lagen und nicht kostendeckend arbeiten konnten.“ Nein, der neue Schnitzelpreis steht auf der Speisekarte, einfach so und ohne Begründung.
Es wäre ebenso undiplomatisch zu argumentieren, dass ab sofort dadurch die Qualität des Musikunterrichts besser wird. Denn das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass der Unterricht bisher von minderer Qualität wäre. Übertragen Sie das doch einmal auf das Schnitzel-Beispiel! „Das Schnitzel wird teurer, weil wir ab sofort hochwertiges Fleisch verwenden.“ Und bisher hat der Wirt minderwertiges Fleisch verwendet?
Seien Sie also selbstbewusst bei der Kommunikation Ihrer Preiserhöhung, sparen Sie sich eine wie auch immer geartete Begründung.
Der richtige Zeitpunkt
Wann ist eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine Preiserhöhung? Gut ist immer zu Beginn des neuen Schuljahres, denn so sparen Sie sich unnötige Diskussionen. Wer tatsächlich damit nicht einverstanden ist, soll dann eben kündigen. Es werden neue Schüler kommen. Aber auch während des Schuljahres wäre möglich, dann müssen Sie lediglich Ihren Schülern ein Sonderkündigungsrecht zu diesem Zeitpunkt einräumen.
Hallo Herr Hermann,
was Sie da schreiben ist sicher richtig. Wie sieht aber die Situation für den Wirt aus, wenn im Gasthof nebenan ein mutmaßlich ebenfalls gutes Schnitzel für 30 % weniger angeboten wird, da der andere Gastronom ein e. V. ist, der von der eigenen Kommune mit jährlich über 100.000 EUR subventioniert wird? Der dazu noch keine Raumkosten hat, da die ebenfalls von der Stadt übernommen werden? Da funktionieren die Gesetze der Marktwirtschaft nicht mehr so einfach. Vielleicht wäre es auch mal einen Artikel wert, diese Situation, in der sich viele private Musikschulen befinden, näher zu beleuchten.
Mit besten Grüßen
Axel Schlichte
Music Live Musikschule
Althoffstraße 42
46535 Dinslaken
Tel. 02064-5207
ganz ehrlich:
Ignorieren Sie die Konkurrenz! Sie sind die bessere Musikschule, die besseren und spannenderen und hochwertigeren Unterricht anbietet, oder? Dann dürfen Sie auch locker teurer werden. Denn gute Qualität kostet einfach.
Haben Sie keine Angst. Versuchen Sie es – Sie werden feststellen, dass das Echo eher positiv ausfallen wird!
Wir stehen einer großen Konkurrenz durch deutlich günstigere öffentliche und private Musikschulen gegenüber, alles in direkter Umgebung. Trotzdem können wir die Aussagen dieses Artikels voll und ganz bestätigen. Bei unserer letzten Preiserhöhung vor ein paar Jahren haben wir auch das Gefühl gehabt, wir müssten uns dafür bei unseren Kunden entschuldigen. Es gab damals auch ein paar wenige preisbedingte Kündigungen.
Zum Januar 2019 werden wir unsere Preise wieder erhöhen. Die Erhöhung haben wir im Oktober wie hier im Artikel beschrieben kommuniziert (freundlich, klar und kurz) – auch wenn wir etwas Angst vor den Reaktionen hatten. Nachdem das Schreiben zur Preiserhöhung an die Kunden raus war, haben wir auf (negative) Reaktionen gewartet. Es kam: Nichts. Keine Kommentare von wegen zu teuer und schon gar keine Kündigung. Nur eine Familie hat aus kostengründen die Unterrichtsdauer etwas reduziert.
Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Erst etwa drei Wochen später haben wir uns getraut den einen oder anderen Kunden darauf anzusprechen. Die Reaktion war bei allen die gleiche: Gute Leistung kostet nunmal Geld!
Letztlich sei noch gesagt, dass wir die Mehreinnahmen zum überwiegenden Teil an unsere Lehrkräfte weitergeben können. Dadurch haben sie einen Einkommenszuwachs im deutlich zweistelligen Prozentbereich was für sie wie für uns wirklich positiv ist, denn auch hier muss gelten: Gute Leistung kostet nunmal Geld.
Wir können also jeden nur ermutigen, leistungsgerechte Preise zu verlangen und sich dafür nicht zu entschuldigen.
Sehr geehrter Herr Herrmann,
das ist ein sehr spannender Artikel, den ich mit grossem Interesse gelesen habe.
Ich bin allerdings der Meinung, dass der gezogene Vergleich mit dem Schnitzel hinkt. Es ist zwar richtig, dass jede Form von Konsum einen emotionalen Wert hat, dieser wiegt bei den meisten Leuten aber nicht mehr, als die gegebenen Sachzwänge. Wenn man sich etwas nicht mehr leisten kann, dann wird man sich das (eine gewisse Form von Vernunft vorausgesetzt) auch nicht mehr leisten wollen.
Wenn es anders wäre, würde jede Person, die sich beispielsweise sehnlichst einen Porsche wünscht, auch einen solchen fahren.
Um einmal bei dem kulinarischen Beispiel zu bleiben:
Ich habe in meinem Urlaubsort ein Lieblingsrestaurant. Dort gibt es einen Fischteller, den ich über alles liebe. Als der Preis zum ersten Mal erhöht wurde, war mir das relativ egal, beim zweiten Mal nicht mehr. Ganz einfach deswegen, weil ich mit einer fünfköpfigen Familie nur ein gewisses Budget zur Verfügung habe und auch die anderen Gerichte teurer wurden und ich mir mit der Familie diesen Restaurantbesuch dann verkneifen muss.
Wenn sich beispielsweise neben dem Musikunterricht auch noch der Sportkurs, das Schülerticket und die jährliche Öllieferung für die Heizung verteuert, wird man auf irgendetwas verzichten (müssen).
Und hier komme ich dann zum, meiner Meinung nach nächsten Denkfehler:
Musikschulleiter sind oftmals der etwas irrationalen Ansicht, dass die Kunden ihres Hauses Musik eine absolute Priorität einräumen und über alles stellen. Dem ist aber einfach nicht so. Die Kundschaft im Bereich der Musikpädagogik setzt sich aus ganz vielen unterschiedlichen Charakteren mit ganz unterschiedlichen Motivationen zusammen. Die Wenigsten geben dem Hobby Musik einen stark übergeordneten Stellenwert. Freilich wünschen wir uns alle, dass das anders wäre, die Realität ist aber oftmals relativ ernüchternd.
Erschwerend kommt hinzu, dass in Zeiten von Ganztagsschulen, Smartphones, Internet und enormer Belastung und Stress, die Tendenz eher schlechter wird als besser.
Wenn ich Gespräche mit Kollegen (die allesamt erfahren und auch erfolgreich sind) führe, hört man immer das Gleiche oder Ähnliches: Die Leidenschaft, der absolute Wille und die Anzahl der wirklich ehrgeizigen und motivierten Schülerinnen und Schüler nimmt eher ab als zu.
Und damit verbunden haben es die meisten Schulen und Lehrer eher mit einer sinkenden (!) Bereitschaft für Preiserhöhungen zu tun als umgekehrt.
Die Maxime „Mein Unterricht ist das wert und deswegen bezahlen die Leute auch mehr“ halte ich, um ehrlich zu sein, für relativ realitätsfern.
Für mich klingt das Ganze leider zu sehr nach dem, was einem Unternehmensberater gerne verkaufen.
Um nicht missverstanden zu werden:
Ich habe einen vollen Stundenplan und auch keine Probleme mit der Akquise von Neukunden. Ich arbeite durchaus erfolgreich und habe auch schon mehrfach Preiserhöhungen durchgeführt.
Dennoch erachte ich den Inhalt des Artikels als zu oberflächlich und einseitig. Es tut mir leid, dass so schreiben zu müssen.
Auch dass man eine Preiserhöhung mit einem gewissen Bedauern ausdrückt, ist keine Form von Schwäche, sondern des guten Benehmens und der Höflichkeit. Natürlich, übertreiben sollte man es nicht, aber ein klein wenig Demut gegenüber den Personen, die den Unterricht bezahlen schadet nicht. Im Gegenteil.
Die Tatsache, dass der Restaurantbetreiber die Verteuerung seines Schnitzels nicht erklärt, ist ja kein Indiz für die Richtigkeit dieser Handlungsweise.
Ausserdem hinkt der Vergleich auch hier.
Bei Musikunterricht binde ich Personen für einen sehr langen Zeitraum an den Lehrer oder die Schule, wodurch eine völlig andere soziale und u.U. auch emotionale Ebene entsteht, als bei dem gelegentlichen Verzehr eines Gerichts. Ausserdem reden wir preislich von völlig anderen Dimensionen.
Daher muss ich leider konstatieren:
Ganz so einfach, wie im Artikel beschrieben, ist eine Preiserhöhung für Musikunterricht nicht. Und wer glaubt, dass alleine die gute Qualität des Unterrichts eine Preiserhöhung zulässt, könnte u.U. ein böses Erwachen erleben.