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Darf ein Lehrer kranke Schüler nach Hause schicken?

Jeden Winter dasselbe Spiel: Schüler im Unterricht mit triefenden Nasen und glasigem Blick, gerne garniert mit heftigem Husten. „Ich war heute nicht in der Schule, aber meine Mama hat gesagt, zum Musikunterricht muss ich trotzdem gehen, weil das kostet ja Geld!“, so lautet dann die Begründung der Musikschüler. Ist ein Musikschul-Lehrer wirklich verpflichtet, Schüler, die augenscheinlich krank sind, zu unterrichten oder darf er diese nach Hause schicken?

Msi hat Rechtsanwalt Stephan Ebner zu diesem Thema befragt. Dieser hat uns im Gespräch ausführlich Auskunft gegeben. Den Inhalt des Gesprächs haben wir wie folgt zusammengefasst:

Wenn der Schüler krank zum Unterricht erscheint, sind einige rechtliche Aspekte zu betrachten. Zunächst hat der Schüler Anspruch darauf, dass die Unterrichtsstunde stattfindet. Der Lehrer kann allerdings den Unterricht verweigern, wenn die Durchführung des Unterrichts unzumutbar ist. Unzumutbar wird der Unterricht dann, wenn sich der Lehrer mit großer Wahrscheinlichkeit ansteckt und selbst krank wird. Da ein Lehrer aber in der Regel kein Mediziner ist, ist ein Nachweis darüber, dass er selbst als Laie festgestellt hat, dass der Schüler ihn vermutlich anstecken wird, sehr schwierig zu erbringen.

Für ihn ist es daher im Zweifelsfall ratsam, zur Sicherheit einen Zeugen hinzuzuziehen, der bestätigen kann, dass der Schüler offensichtlich ansteckend ist. Eine triefende Nase allein heißt allerdings nicht unbedingt, dass Ansteckungsgefahr besteht.

Schwierig wird auch die Frage, ob der Unterricht, wenn der Lehrer den Schüler auf Grund seiner ansteckenden Krankheit nach Hause schickt, bezahlt werden muss. Hierzu gibt es bis heute noch keine Urteile, was vermutlich darin begründet ist, dass es sich hierbei um Bagatell-Beträge im kleinen zweistelligen Bereich handelt. Eine Einzelstunde Unterricht kostet in Deutschland im Mittel für 30 Minuten zwischen 15 und 30 Euro, der Streitwert fällt also in den geringfügigen Bereich, in dem Klagen äußerst selten sind. Es sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch in naher Zukunft diesbezüglich keine Urteile zu erwarten. Der Lehrende muss die ausgefallene Stunde nicht nachholen, bekommt sie aber dennoch vom Schüler bezahlt, so die rechtliche Lage.

Der letzte rechtliche Aspekt ist eine mögliche Weisung des Musikschulleiters, den Schüler trotzdem zu unterrichten. Sollte der Lehrer auf freiberuflicher Basis und nicht in einem Angestellten-Verhältnis beschäftigt sein, ist der Musikschulleiter nicht befugt, dem Lehrer derartige Anweisungen zu erteilen. Ein Lehrer kann ohne Folgen eine solche Anweisung verweigern. Ein angestellter Musikschul-Lehrer hat ähnliche Rechte: Ein Mitarbeiter darf Anweisungen seines Arbeitgebers, die ihm persönlich körperlich schaden könnten, zurückweisen. Doch auch hier gilt wieder die unklare Beweislage mit der Frage, wie der Lehrer beweisen will, dass ihm durch die Abhaltung dieser Unterrichtsstunde ein körperlicher Schaden entsteht. Im Zweifelsfall sollten hier Musikschulleitung und Mitarbeiter das Gespräch suchen.

Unsere Empfehlung ist trotz der komplizierten Rechtslage, den betreffenden Schüler nach Hause zu schicken. Wir denken: Lehrende sollten sich und die eigene Gesundheit schützen, da sie für ihn, wie für die meisten anderen auch, die Erwerbsgrundlage ist. Niemand kann einem Lehrenden zumuten, etwas zu tun, was es ihm für ein paar Tage unmöglich macht, seiner normalen Arbeit nachzugehen.

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Michael Herrmann ist Musikschulleiter und geschäftsführender Gesellschafter der intakt Musikinstitut gemeinnützigen GmbH in Pfaffenhofen. Er studierte Jazz-Piano und unterrichtet Klavier und Gesang, ist Gründer und ehemaliger Herausgeber von musikschule intern und ist darüber hinaus als Musiker unterwegs.

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