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Ist Ihre Musikschule fit für das Gesetz für faire Verbraucherverträge?

Unser Autor hat die wichtigsten Fragen für Sie beantwortet – Tipps von Rechtsanwalt Timo Müller

Bereits zum 1. Oktober 2021 trat ein Großteil des „Gesetzes für faire Verbraucherverträge“ in Kraft. Sinn und Zweck des Gesetzes liegen darin, es für Verbraucher einfacher zu machen, sich von Verträgen mit langen Laufzeiten z. B. für Handy oder Streamingdienste zu lösen. Dies betrifft insbesondere automatische Vertragsverlängerungen, wie sie auch in Musik- und Tanzschulen üblich sind.

Die Laufzeit beträgt 3, 6 oder 12 Monate und verlängert sich jeweils um den gebuchten Zeitraum, sofern nicht mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt wird“.

So oder ähnlich steht es in vielen Verträgen von Fitnessstudios sowie von Tanz- und Musikschulen.

Möglichkeiten der automatischen Vertragsverlängerung werden stark eingeschränkt

Die Möglichkeiten solcher automatischen Vertragsverlängerungen werden nun bereits ab dem 01.03.2022 stark limitiert. Sie sollten daher künftig bei der Vertragsgestaltung in Ihrer Musikschule auf Folgendes achten:

  1. Die Erstlaufzeit ist weiterhin bis zu 24 Monaten möglich (§ 309 Nr. 9 a BGB n. F.) Sie können daher mit Ihren Kunden zunächst einen Jahres- oder gar Zweijahresvertrag abschließen.
  2. Neu ist, dass eine automatische Verlängerung nur noch auf unbestimmte Zeit möglich ist. Das bedeutet, dass eine stillschweigende Verlängerung um weitere 3, 6 oder 12 Monate künftig nicht mehr zulässig ist.
  3. Dem Mitglied muss nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von höchstens einem Monat eingeräumt werden (§ 309 Nr. 9 b), c) BGB n.F.).

Die bisher oft in Verträge enthaltenen Kündigungsfristen von 6 Wochen bis zu 3 Monaten sind somit ab dem 01.03.2022 nicht mehr zulässig. Verstoßen Sie als Tanzschul- oder Musikschulbetreibende gegen die neuen Verbraucherschutzvorgaben, führt das zu einem jederzeitigen Kündigungsrecht des Mitglieds ohne Kündigungsfrist (§ 312k Abs. 6 BGB n. F.).

Die entsprechenden Änderungen zu Laufzeit und Kündigung treten am 01.03.2022 in Kraft. Bitte ändern Sie daher bis zu diesem Datum Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Mitgliedschaftsverträge.

Der Kündigungsbutton kommt

Ab dem 01.07.2022 müssen Sie, sofern Sie die Möglichkeit zur Online-Anmeldung anbieten, auf der Internetseite Ihrer Musikschule einen sogenannten „Kündigungsbutton“ einrichten, der sichtbar und eindeutig als Klick zur Kündigung zur Verfügung steht und auf direktem Wege zur Möglichkeit der Kündigung führt. Nach dem neuen Gesetz muss diese Kündigungsschaltfläche nicht nur gut lesbar und ständig verfügbar sein, sondern zudem auch mit nichts anderem als den Worten „Verträge hier kündigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Die Kündigungsdetails müssen sofort elektronisch in Textform bestätigt werden (§ 312 k Abs. 1 bis 5 BGB n. F.). Ihre Mitglieder müssen also ab dem Sommer dieses Jahres die Möglichkeit haben, über einen Button auf der Homepage den Vertrag zu kündigen und im Anschluss muss direkt eine (am besten automatisierte) E-Mail als Bestätigung versandt werden.

Überdies muss es den Mitgliedern ermöglicht werden, Angaben zu den folgenden Positionen zu machen:

  1. Art der Kündigung (ordentlich oder außerordentlich)
  2. Kündigungsgrund
  3. eindeutige Identifizierbarkeit und Bezeichnung des Vertrages
  4. Zeitpunkt der Vertragsbeendigung durch Kündigung und elektronische Übermittlung der Kündigungsbestätigung

Bitte besprechen Sie dies rechtzeitig mit Ihrem Webmaster.

Die Änderungen zu Laufzeiten und Kündigungsfristen gelten für alle Verträge, die ab dem 01.03.2022 geschlossen werden. Für Verträge, die vor diesem Stichtag geschlossen wurden, gilt weiterhin die alte Rechtslage. Die Neuerungen zum Kündigungsbutton gelten hingehen ab dem 01.07.2022 für alle online abschließbaren Verträge, also auch rückwirkend für Altverträge.

Mit der Umsetzung der obigen Tipps zu Laufzeit und Kündigung sowie zur Einführung des Kündigungsbuttons dürften Sie auf die neue Rechtslage gut vorbereitet sein.

Hinweis: Der Bundesverband der Freien Musikschulen bietet zu dem Thema “Vertragsmodelle für Musikschulen” aktuell drei Workshops an. Informationen unter www.freie-musikschulen.de/akademie/seminare-2022/

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Timo Müller ist Rechtsanwalt und Wirtschaftsjurist und betreibt eine auf Tanzschulen, Fitnessstudios und Musikschulen spezialisierte Anwaltskanzlei. Timo Müller ist neben seiner Tätigkeit als spezialisierter Rechtsanwalt auch Begründer der Tanzhaus Bonn GmbH, einem großen Tanz- und Eventhaus, das mit dem Mittelstandspreis Ludwig in der Kategorie „Gesamtsieg“ ausgezeichnet wurde. Timo Müller absolvierte zunächst eine Ausbildung zum ADTV-Tanzlehrer und schloss eine weitere Ausbildung zum Bankkaufmann an. Im März 2000 wurde er Bonner Unternehmer und machte sich selbständig. Seine mehr als 22-jährige unternehmerische Erfahrung fließt konsequent in die anwaltliche Beratung in seiner Kanzlei ein. www.tanzschulrecht.de

4 Kommentare

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. In unserem Vertrag mit der Musikschule, steht folgendes in den AGBs:
    “Der Vertrag ist zu folgenden Terminen kündbar. Bei Kündigung bis zum 31.12. endet der Vertrag am 31.03., bei Kündigung bis zum 30.06. endet der Vertrag zum 30.09.- Dazu bedarf es der Schriftform.

    Kann das rechtens sein!? Wenn ich also nun im März kündige, endet mein Vertrag erst Ende September?

    Ich würde mich sehr über eine Rückmeldung freuen.

    1. Liebe Frau Schmidt,
      für Verträge, die nach dem 1.3.2022 geschlossen wurden, sind die von Ihnen genannten Regelungen nicht zulässig.
      Mit freundlichen Grüßen
      Frank Korte

  2. Es ist alles schön und gut aber stellen Sie sich vor: eine private Schule muss Räume mieten, Evtl ein Fahrzeug leasen, Einrichtung kaufen, vielleicht ein Darlehen nehmen und unter Umständen auch Lehrer verpflichten. Wie sollen diese Schulen dann wirtschaften mit solchen Verträgen, wenn die Kunden mitten im Jahr rauswollen?

    1. Liebe Frau Graf,
      Sie haben weiterhin die Möglichkeit, Ihren Kunden faire Angebote für Ihre Dienstleistungen anzubieten. Eine Planungssicherheit durch längere Laufzeiten ist weiterhin möglich. Dem Kunden wird lediglich die Möglichkeit übertragen, sich bewusst für längere Laufzeiten und daraus resultierende mögliche Preisnachlässe zu entscheiden. Die Preisunterschiede zwischen kurzen und langen Laufzeiten sowie der zusätzliche Verwaltungsaufwand aufgrund der neuen Regeln, lassen sich kalkulieren und einpreisen. Die neuen Preise lassen sich mit den neuen Regeln zugunsten des Kunden dem Kunden auch erklären.
      Mit freundlichen Grüßen
      Frank Korte

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