Die Bevölkerung in vielen Industriestaaten altert und wird in ihrer ethnischen Zusammensetzung heterogener. Das ist keine neue Erkenntnis. Dennoch richten sich die Mehrheit der Angebote und Preismodelle von Musikschulen schwerpunktmäßig an die Zielgruppe der deutschsprachigen Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 14 Jahren. Hier erfahren Sie, warum in der Zielgruppe „55 Plus“ das größte Potential für Musikschulen steckt und wie Sie einen konkreten Fahrplan erstellen, um Ihr Unternehmen für das wachsende Segment der „Best Ager“ interessant zu machen.
Demografischer Wandel: Die Kunden werden immer älter
Schon jetzt ist jeder zweite Deutsche älter als 45 Jahre alt; die Altersklasse zwischen 40 und 59 Jahren stellt mit über 23 Millionen Deutschen die stärkste Bevölkerungsgruppe dar. In den nächsten 15 Jahren werden die sogenannten Baby-Boomer, die zwischen 1950 und 1960 geboren sind, in Rente gehen – das sind in Zahlen 12,9 Millionen Erwerbspersonen und damit fast 1/3 der gesamten Erwerbsbevölkerung.
Chancen für Musikschulen
Freizeit-Angebote für die Silver Society entwickeln
Dieser demografische Wandel bietet für Musikschulen ein enormes Wachstumspotential: Die Zielgruppe der heutigen erwachsenen „Jung-Rentner“ und der zukünftigen Rentner hat nämlich das im Überfluss, was die Dienstleistung Musikschule per se bietet: FREIZEIT, die möglichst sinnstiftend und nachhaltig gestaltet werden soll. Die Hausaufgaben für Musikschulen sind klar: Sie müssen ihre aktuelle Positionierung überprüfen sowie Angebote und Preismodelle anpassen.
Bedürfnisse der Zielgruppe „55 Plus“ kennenlernen
Wer als Musikschule in der „Silver Society“ und dem Wettbewerb der Freizeitanbieter in Zukunft bestehen will, muss natürlich die Bedürfnisse und Werte dieser sehr heterogenen „Zielgruppe 55 Plus“ kennen und verstehen: Die werthaltigen und solventen Kundinnen und Kunden dieses wachsenden Kundensegments sind in der Regel mobil, halten sich fit, verreisen gerne nachhaltig und genießen kulturelle und gastronomische Angebote in Ihrer Umgebung. Wie geht man konkret vor, um diesen neuen Kundentypus zu gewinnen und an die Musikschule zu binden?
Musikschule aus Kundensicht denken
Laden Sie Ihr Musikschul-Team zu einem Workshop ein. Im Zentrum des Brainstormings können folgende 4 Fragen stehen:
- Welche Produkte und Dienstleistungen bieten wir für die Zielgruppe zwischen 55 und 70 Jahren aktuell an?
- Welche Vorteile bieten diese Angebote für den zahlenden Kunden?
- Welchen emotionalen Mehrwert bieten die Angebote aus Kundensicht?
- Welche Kundenbedürfnisse von Erwachsenen befriedigen wir?
Ergänzen Sie die gewonnenen Ergebnisse durch eine einfache und kostenlose Methode: Kundengespräche und strukturierte Kundeninterviews. Lernen Sie Ihre erwachsenen Kunden in diesen herausfordernden Zeiten neu kennen, sprechen Sie persönlich mit jedem einzelnen: Mit den Eltern oder Großeltern von jungen Musikschülern oder den Erwachsenen, die ihre Dienstleistung bereits in Anspruch nehmen. Was bewegt Ihre Kunden? Wie bewerten Sie Ihre Musikschule? Erkennen die Kunden den Mehrwert, den Ihre Musikschule bietet und sind sie auch in Zukunft bereit, für diesen Mehrwert einen angemessenen Preis zu zahlen?
Entschleunigen in der Wellness-Oase Musikschule
Musikschulen, die diesen Marketing-Prozess durchlaufen haben, kommen zu folgendem Ergebnis: Erwachsene Musikschülerinnen und Musikschüler, die in der Musikschule als Einsteiger oder Wiedereinsteigerin Klavier oder Gitarre lernen, wollen aktiv etwas für ihre Gesundheit tun, ihren Stress reduzieren, entschleunigen, sich einen Traum erfüllen oder neue kreative und emotionale Seiten in sich entdecken: Die Musikschule wird zur Wellness-Oase.
Studie: Musizieren stärkt die Resilienz
Dazu passen die Ergebnisse der Mitgliederumfrage des Bundesverbandes der Freien Musikschulen (bdfm) vom Oktober 2022. Über 400 Musikschulleiterinnen und Musikschulleiter wurden befragt, welchen Mehrwert ihr Musikunterricht bietet. Für 97 % der Befragten stellt die Persönlichkeitsentwicklung den größten Mehrwert dar. Auf Platz 2 der Studienergebnisse steht mit 76 % der Mehrwert „Musizieren stärkt die Resilienz und hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit“. „Die Musikschule ist ein sicherer Ort“ ist aus Sicht von 64 % der Mitglieder der Mehrwert des Musikunterrichts.
Gesundheit: Megatrend unserer Gesellschaft
Gesundheit, Resilienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit sind Megatrends und werden laut Zukunftsinstitut auch die zukünftigen Treiber des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft werden. Aktiv mitgestaltet und nachgefragt werden diese Themen von einem Großteil der „Silver Society“, also den zukünftigen Kundinnen und Kunden der Musikschule.
Qualität, Service und schnelle Erfolgserlebnisse überzeugen Erwachsene
Der ideale Kunde, mit dem die Musikschule auch in Zukunft erfolgreich ist, legt Wert auf seine Gesundheit, auf Qualität, Service und Nachhaltigkeit. Positive Einkaufserlebnisse werden wertgeschätzt, aber natürlich stellt ein solventer und fitter Kundentypus dieser Zielgruppe auch entsprechende Ansprüche an die Musikschule: Qualität und Service müssen sich durch die komplette „customer journey“ ziehen.
Die Musikschule überzeugt durch einen klar strukturierten, ansprechenden Online-Auftritt, eine hochwertige Ausstattung der Räumlichkeiten, saubere Toiletten, Serviceleistungen wie Gratis-Kaffee und Kundenevents sowie lebendigen Musikunterricht auf Augenhöhe, der exakt auf die erwachsenen Bedürfnisse zugeschnitten ist und schnelle Erfolgserlebnisse garantiert.
Echte Referenzen und Qualitäts-Siegel (z.B. das Qualitätszertifkat des bdfm) können bei erwachsenen Kunden für zusätzliche Sicherheit sorgen: Sie sind gerne bereit, für ein stimmiges Dienstleistungs-Angebot der Musikschule einen angemessenen hohen Preis zu bezahlen.
Werthaltige Kunden sind loyal und tiefenentspannt
Angebote und Services für die werthaltigen und solventen Kundinnen und Kunden der „Zielgruppe 55 Plus“ haben für eine Musikschule nur Vorteile: Hat man diese Kunden nämlich einmal gewonnen und stimmt die Positionierung, bleiben sie der Musikschule über lange Jahre treu.
Pünktlichkeit und Disziplin als klassische Werte
Denn ein charakteristisches Merkmal dieses Milieus sind die Verkörperung klassischer Werte wie Pünktlichkeit, Disziplin und Loyalität: Vereinbarte Unterrichtstermine werden in der Regel selten verschoben, die Bindung an einen Musiklehrer und lokale Angebote sind stark. Diese freizeitorientierte Klientel kommt (in der Regel) tiefenentspannt zum Unterricht, weil sie beruflich nicht mehr so eingespannt ist. Die Eigenmotivation zum Lernen ist extrem hoch, der Druck von außen (Stichwort: ehrgeizige Helikopter-Eltern) entfällt komplett. Rentner sind zeitlich flexibler und können auch vormittags zum Unterricht kommen – das kann die Auslastung einer Musikschule signifikant erhöhen.
Erfolgsfaktor Flexibilität
Erwachsene, solvente Kunden schätzen flexible Angebote, denn sie verreisen nicht in den Schulferien, kümmern sich manchmal kurzfristig um Enkel oder die eigenen Eltern und halten sich im Fitnessstudio fit. Flexible Preismodelle, Flexibilität bei der Terminvereinbarung sowie Unterrichtsangebote vormittags, abends und am Wochenende, sind ein Muss, um die Zielgruppe „55 Plus“ zu gewinnen und binden.
Fazit: Da ist Musik drin
Die Musikschule als gesundheitsfördernde, nachhaltige und wunderbare Erlebniswelt für die „Zielgruppe 55 Plus“ ist das Modell der Zukunft. Erfolgsfaktoren sind die konsequente Ausrichtung am Kundenbedarf, die analytische Auseinandersetzung mit werthaltigen Zielgruppen, eine deutlich stärkere Flexibilisierung der Angebote sowie ein konsequentes Qualitätsmanagement.
(C) Foto: iStock.com/Zinkevych
Dieser Beitrag hat 0 Kommentare