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Foto: Boxy, Claudio Lamberini

So klingt “Nummer sicher” Raum-in-Raum-Systeme vom Profi

Wer Ärger mit den Nachbarn vermeiden will, kommt an seiner Musikschule meist nicht um Raum-in-Raum-Lösungen herum. Wie man solche Systeme im Do-it-yourself-Verfahren erstellen kann, haben wir bereits ausführlich dargelegt. Wem das handwerklich und zeitlich aber zu aufwendig ist, dem seien Lösungen vom Profi nahegelegt. Wir haben uns daher mal Akustikräume des Herstellers Boxy angeschaut. Fazit: So klingt „Nummer sicher“.

Die Frage nach dem Schallschutz stellt sich Betreibern von Musikschulen zumeist, wenn es bautechnisch längst zu spät ist. Der Grund ist einfach: Das Gebäude des Anstoßes steht bereits und war ursprünglich für eine völlig andere Nutzung geplant. Wenn Schallbrücken dem Körperschall im Haus einmal den Weg ebnen, ist es zeitaufwendig und kostspielig, diese aufzuspüren und zu entschärfen. Die sicherste Lösung sind zweifelsohne sogenannte Raum-in-Raum-Systeme. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail, insbesondere wenn es darum geht, neben dem gewünschten Schallschutz zugleich die Qualität der Arbeitsbedingungen seiner Lehrerinnen und Lehrer nachhaltig sicherzustellen.

Rechtlich wie technisch ist die Ausgangssituation in unserem Beitrag „Musikschule zu laut?“ erläutert: Eine Musikschule erzeugt Lärm; und deren Betreiber wird damit sowohl vom Nachbarn als auch vom Gesetzgeber konfrontiert. Das modale Ziel einer jeden Musikschule sollte die Erfüllung des Bundes–Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sein – denn wer dieses respektiert, ist rechtlich aus dem Schneider. Dennoch: als finales Ziel zählt das gute Verhältnis zum Nachbarn. Wo kein Kläger, da kein Beklagter. Um das zu erreichen, müssen Sie kein Akustikexperte werden. Es reicht, systematisch und konsequent vorzugehen und dabei einige wesentliche Faustregeln zu beachten.

Mitten im Wohngebiet

Foto: Rock- & Popfabrik, Isarlohn
Foto: Rock- & Popfabrik, Isarlohn

Als Jan Zimmer und Janine Meyer vor fünf Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Ladenlokal für einen Ableger ihrer Musikschule „Rock & Pop Fabrik“ in Iserlohn neue Räumlichkeiten besichtigten, hatten sie schnell das Gefühl, fündig geworden zu sein. Der einzige Haken: Über dem Erdgeschoss befinden sich Appartements auf mehreren Stockwerken. „Wir waren keine Neulinge und kannten das Thema Schallschutz bereits“, erinnert sich Jan Zimmer. „Bevor du einen langfristigen Mietvertrag unterschreibst, um dann viel Geld in den Umbau des Ladenlokals zu stecken, willst Du absolut sicher sein, dass es in der Folge mit der Nachbarschaft keine Reibereien geben wird.“

Diese Sicherheit ist für „pflegeleichte“ Kategorien kostengünstig realisierbar: Gesang, Gitarre und die meisten Blasinstrumente bewegen sich in einem Frequenzbereich, der in puncto Schalldämmung mit vergleichsweise geringem Aufwand bequem unter Kontrolle gebracht werden kann. Mehrschichtige Trennwände aus Gipsplatten, ein Teppichboden, Absorber im Wand- und Deckenbereich zur Reduzierung der Nachhallzeit, dazu Fenster und Türen mit dezenten Schalldämmwerten (30–35 dBA) – und der Unterricht kann beginnen. Selbst mitten im Wohngebiet.

Akustik mit Garantie?

Das Klavier ist bereits grenzwertig, aber hier greift die Lösung elektronischer Keyboards und Kopfhörer. Bleiben die wahren Problemkinder: Schlagzeug, Perkussion, Bass und Tuba sowie der Gruppenraum – kurzum alles, was sich im Niedrigfrequenzbereich nachhaltig bemerkbar macht. „Für den Gruppenunterricht haben wir professionelle Proberäume in unserer Hauptstelle, aber auf Schlagzeug und Perkussion konnten und wollten wir in den neuen Räumen natürlich nicht verzichten“, erläutert Zimmer. „Deshalb haben wir uns schließlich für einen extrem leistungsstarken Akustikraum der italienischen Marke Boxy entschieden. Der ist zwar nicht gerade günstig, aber dafür erhielten wir die wichtige Vorab-Garantie der Schalldämmung und Nachhallzeit.“

Garantie ist in der Akustik ein schwieriges Thema. Die Materie ist abstrakt und das Allgemeinwissen darüber oberflächlich und bruchstückhaft. Und wer keine Fachleute zu Rate zieht, weiß Informationen kaum zu bewerten. Jeder hat irgendwann einmal von der Maßeinheit Dezibel gehört, dass aber je nach Messmethode ein und derselbe Wert völlig verschiedene Resultate belegt, wissen nur die Wenigsten. Wohlgemerkt: Messverfahren sind sehr wohl standardisiert, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Allerdings suchen sich Hersteller im Wettbewerb immer die schöneren Werte heraus. Das erscheint verständlich, führt allerdings zu verzerrten Darstellungen von der Leistungsfähigkeit eines Produktes. Womit wir wieder bei den „alternativen Fakten“ wären, die auch in diesem Fall nicht wirklich weiterhelfen.

Geschönte Messwerte

Beispiel 1: In vielen Prospekten zu Schallkabinen finden sich wunderschöne Leistungskurven zu Schalldämmwerten, die, völlig konform mit den gesetzlichen Vorschriften, Messdaten ab 100 Hz (Hertz) aufwärts darstellen. Dumm nur, dass die am schwierigsten zu dämmenden Schallquellen in einer Musikschule, zum Beispiel die Basstrommel eines Schlagzeugs, sich in einem deutlich niedrigeren Frequenzbereich bewegen. So werden Ergebnisse beschönigt, indem einfach die schlimmsten Störfaktoren von der Messung ausgeschlossen werden! Für Musikschulen, die eigentlich eine Kernzielgruppe darstellen sollten, habe derartige Angaben somit denkbar wenig Aussagekraft.

Beispiel 2: Die meisten Angaben zu Schalldämmwerten von Produkten erweisen sich bei näherer Betrachtung als Labordaten. In der Praxis wird jedoch das effektive Ergebnis maßgeblich vom baulichen Umfeld einer schalldämmenden Maßnahme beeinflusst. Deshalb sind im Labor gemessene Werte bei Weitem weniger aussagekräftig als vor Ort erfasste Messwerte. Dementsprechend „elastisch“ sind Leistungszusagen, die an Labordaten gebunden sind.

Klarheit und Aufklärung

Im Endeffekt steht und fällt der Begriff Garantie in der Akustik mit dem erreichten Grad an Klarheit und Aufklärung, vor allem von Seiten des Anbieters gegenüber dem Kunden. Fairerweise muss hier aber auch vor unrealistischen Formeln seitens der Musikschule gewarnt werden. Forderungen wie „Drinnen spielt eine Band, und draußen will ich nichts hören“, ignorieren allzu gern die Tatsache, dass der generierte Schalldruck im Inneren des Raums eine Variable darstellt. Garantierte Werte der Schalldämmung definieren immer den Mindestunterschied zwischen der erzeugten Lautstärke innen sowie der gemessenen Lautstärke außen (und umgekehrt). Der Rest liegt dann wieder in den Händen und der Verantwortung der Musiker.

Jan Zimmer hat seine Erwartungshaltung auf pragmatische Weise überprüft. „Wir haben uns die Boxy-Räume zunächst auf einer Messe angesehen. Bevor ich zigtausend Euro ausgebe, will ich ein Vergleichsobjekt testen und hinter mir die Tür zumachen können. Das sollte dann auch eine Reise wert sein. „Und dabei“, fügt er hinzu, „stößt man dann auf weitere wichtige Kriterien.“

Qualität der Arbeitsbedingungen: Keine faulen Kompromisse!

Der dringende Bedarf einer Lösung macht das Thema Schallschutz oft so dominant, das andere relevanten Aspekte völlig in den Hintergrund geraten. Zu viele Musikschulen lösen ihr Lärmproblem auf Kosten der Unterrichtsbedingungen. Nehmen wir das Beispiel Akustik – eigentlich fundamental für eine Musikschule. Viele Maßnahmen zur Schalldämmung beeinträchtigen die Akustik, generieren Frequenzlöcher und verfremden den Klang eines Instruments. Der Raum klingt dann in der Regel „wattig“ und unnatürlich trocken. Abgesehen davon, dass ein Musiker in dieser Situation lauter wird, weil er schlecht hört was er spielt: Auf Lehrer wie Schüler, die sich dort stundenlang aufhalten sollen, wirken diese Bedingungen ermüdend und belastend.

Nicht minder fundamental ist ein zweites Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie schirmen ein Raum in alle sechs Richtungen hermetisch und systematisch ab. Wenn sich dort nun Lehrer und Schüler stundenlang aufhalten sollen, muss ein Belüftungssystem her, möglichst leise und leistungsstark, ohne dass aber darunter die Schalldämmung leidet. Je mehr Personen, desto mehr Luftdurchsatz. So hängt beispielsweise in einem renommierten Berliner Funkhaus an einer Schallkabine aus Holz der Hinweis, dass nach spätestens 20 Minuten Nutzung eine Stoßlüftung vorgeschrieben ist. Für eine Musikschule wäre eine derartige Notlösung weder praktikabel noch normgerecht.

Richtwerte und Normen

International gilt die strenge englische Norm BB93 als wegweisende Referenz für die Gestaltung von Musikräumen in Schulen. Die dort festgeschrieben Richtwerte für die Nachhallzeit, für die Schalldämmung Raum/Raum und Raum/Korridor, die Vorgaben zum Luftaustausch oder die Pflicht von Sichtverbindungen nach außen aus Gründen des Jugendschutzes – all dies sollte auch als Gütesiegel des Arbeitsplatzes Musikschule verstanden sein.

„Ich fing an, mich für Boxy zu interessieren, als ich zufällig entdeckte, dass dies die einzigen modularen Akustikräume sind, die der BB93 voll entsprechen,“ erklärt Jan Zimmer. „Modular ist wichtig, weil ich so die Räume verändern oder umziehen kann. Da könnte sogar ein Auditorium draus werden! Und Stahlmodule,“ fährt er fort, „bieten gegenüber Lösungen aus Holz und Verbundstoffen bessere Dämmung, gerade im Niedrigfrequenzbereich.“

Boxy-Akustikräume: Eine nachhaltige Lösung

Im kommenden Herbst feiern 180 Schüler mit Lehrern und Anwohnern das fünfjährige Bestehen der Musikschule von Jan Zimmer und Janine Meyer. Unterdessen ist 2015 der komplette Hauptsitz mit rund 500 Schülern umgezogen. Dabei konnten auch drei Boxy-Akustikräume einfach ab- und wieder aufgebaut werden. Hierdurch wurde nicht nur Sondermüll vermieden. Es ging auch eine Rechnung auf, die Jahre zuvor zugunsten einer aufwendigeren, aber hochwertigen und zukunftsfähigen Lösung ausgefallen war. Ärger mit den Nachbarn hat es nie gegeben. (www.boxy.studio)

Foto: Boxy, Claudio Lamberini
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Michael Herrmann ist Musikschulleiter und geschäftsführender Gesellschafter der intakt Musikinstitut gemeinnützigen GmbH in Pfaffenhofen. Er studierte Jazz-Piano und unterrichtet Klavier und Gesang, ist Gründer und ehemaliger Herausgeber von musikschule intern und ist darüber hinaus als Musiker unterwegs.

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