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Schreckgespenst Mehrwertsteuerpflicht für den Musikunterricht

Der Bundesverband der Freien Musikschulen fordert 0 % Mehrwertsteuer

In Deutschland ist Musikunterricht mehrwertsteuerpflichtig. Allerdings können Musikschulen und freiberufliche Musiklehrer:innen sich von der Umsatzsteuer befreien lassen. Im § 4 Umsatzsteuergesetz sind die hierfür nötigen Bedingungen genannt. Die mit der Prüfung der Einhaltung dieser Kriterien beauftragten Verwaltungsbehörden unterscheiden sich je nach Bundesland. Die gelebte Praxis zeigt, dass das Erlangen der Umsatzsteuerbefreiung je nach Bundesland oder Kommune unterschiedlich aufwendig ist. Dennoch ist ein Großteil des Musikunterrichts in Deutschland nach dem § 4 von der Mehrwertsteuer befreit. Man übertreibt nicht, wenn man von einer (gefühlten) Mehrwertsteuerbefreiung des Musikunterrichts sprechen kann.

Vor vier Jahren legte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 4 UsSt.-Gesetzes vor. Der Grund hierfür ist eine notwendige Anpassung der deutschen Umsatzsteuerregelung an eine EU-Richtlinie. Einerseits versprachen die Autoren des Gesetzentwurfes eine Vereinfachung des oben genannten Prüfverfahrens, andererseits gebar der Entwurf große Zweifel, dass Musikunterricht in dem bisherigen Umfang weiterhin umsatzsteuerbefreit bleibt.

Den Musikverbänden im Deutschen Musikrat (Verband Deutscher Musikschulen Deutscher Tonkünstlerverband und Bundesverband der Freien Musikschulen) gelang es, gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat, dass der Gesetzentwurf zurückgezogen wurde und eine Überarbeitung erfahren sollte.

Seit dem warten umsatzsteuerbefreite und umsatzsteuerpflichtige Musiklehrer:innen und Musikschulen auf das neue Gesetz. Aktuell häufen sich Berichte, dass mit der Prüfung beauftragte Behörden unter Berufung auf die EU-Richtlinie entscheiden und eine Umsatzsteuerbefreiung verweigern. Das neue Gesetz würde somit zu einer einheitlichen und klärenden Rechtssprechung beitragen.

Vor der Bundestagswahl hatten sich lediglich SPD und CDU klar für einen Erhalt der Umsatzsteuerbefreiung von Musikunterricht ausgesprochen. In der Zwischenzeit haben Corona, Krieg in Europa, Inflation und Klimakrise zu einer gewaltigen Belastung des Bundeshaushaltes geführt. Es ist also zu befürchten, dass eine EU-Richtlinie, die zusätzliche Steuereinnahmen ermöglicht, eine Einladung an die Politik ist, die Haushaltskassen aufzufüllen.

Der Bundesverband der Freien Musikschulen fordert den Umsatzsteuersatz von 0 % auch für den Musikunterricht.

Der Bundesverband der Freien Musikschulen (bdfm) ist nun mit seiner Forderung nach einem Mehrwertsteuersatz in Höhe von 0 % an die Öffentlichkeit getreten (siehe https://www.freie-musikschulen.de/der-bundesverband-der-freien-musikschulen-fordert-null-prozent-umsatzsteuersatz-fuer-den-musikunterricht/). Hierzu habe ich den Vorstandsvorsitzenden des bdfm, Herrn Mario Müller, befragt.

msi: Herr Müller, das Schreckgespenst Mehrwertsteuerpflicht für Musikunterricht begleitet die Musikschulen nun seit Jahren. Welche Auswirkungen hätte eine Mehrwertsteuer in Höhe von 7 % oder 19 %?

Mario Müller: Eine Umsatzsteuer auf Unterrichtsleistungen einer Musikschule hätte, egal in welcher Höhe, direkte Auswirkungen auf die Unterrichtsbeiträge für Schülerinnen und Schüler. Da die Umsatzsteuer eine Verbrauchersteuer ist, wird diese von Unternehmen und das sind in diesem Falle die Musikschulen, weitergegeben. Musikalische Bildung würde dann zwangsläufig für alle teurer.

Der bdfm tritt nun überraschend mit seiner Forderung nach einer Mehrwertsteuer auf Musikunterricht in Höhe von 0 % an die Öffentlichkeit. Was hat ihren Verband dazu bewogen?

Die Bundesregierung hat den Umsatzsteuersatz 0 % im Jahr 2020 zur Subventionierung bestimmter Produkte eingeführt. Seitdem wäre es denkbar, dass dieser Steuersatz auch auf die Bildung, explizit auf die musikalische Bildung, angewendet werden kann, da die EU Richtlinie lediglich die Kriterien, für welche Leistungen Umsatzsteuer erhoben werden muss, aber nicht die Höhe der UsSt. vorgibt.

Welche Vorteile bietet ein genereller Mehrwertsteuersatz 0% gegenüber der bisherigen Befreiung nach § 4 des UsStGes.?

Sollten Musikschulen den Umsatzsteuersatz 0 % erhalten, sind sie nach dem Gesetz umsatzsteuerpflichtig. Das bedeutet die Schulen können dann die abzugsfähige Vorsteuer ansetzen, müssten aber auf der anderen Seite keine UsSt. abführen, da der Steuersatz 0% beträgt. Beim der bisherigen Befreiung ist es nicht möglich abzugsfähige Vorsteuer geltend zu machen.

Wünschenswert wären dann auch transparente Regeln, für welche Musikschulen bzw. Fächer der Umsatzsteuersatz 0 % gelten soll. Ein gutes Gesetz würde an dieser Stelle auch einen deutlichen Bürokratieabbau mit sich bringen.

Wie bereits erwähnt, sind zusätzliche Steuereinnahmen in Zeiten klammer Kassen sehr verlockend. Wie beurteilen sie die Erfolgsaussichten für ihre Forderungen? Erfahren sie hierbei auch Unterstützung seitens der anderen Musikverbände?

Wenn man Politiker:innen auf das Thema Förderung von musikalischer Bildung, bzw. bleibt der Musikunterricht steuerbefreit, anspricht, hört man immer wieder, dass dieses Thema sehr wichtig sei und man sich natürlich dafür einsetze, dass Musikunterricht für Familien weiterhin finanzierbar bleibt. Der bisherige § 4 ist eine Förderung der musikalischen Bildung. Streicht man diesen Paragraphen, würde man eine Fördermaßnahme wegnehmen. Dies würde zwangsläufig dazu führen, dass Musikunterricht teurer wird.

An dieser Stelle möchte ich gerne die Politik beim Wort nehmen, dass sich die Rahmenbedingung für Musikschulen nicht weiter verschlechtern dürfen. Die Bildung unserer Kinder sollte dies Wert sein!

Innerhalb der Verbände besteht Einigkeit, dass der Musikunterricht weiterhin von der Mehrwertsteuer befreit bleiben muss. Wir setzten uns gemeinsam mit den Deutschen Musikrat für dieses Thema ein und hoffen, dass wir bei den politischen Akteuren auch Gehör finden.

Vielen Dank für das Gespräch

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Frank Korte studierte visuelle Kommunikation und Fotografie. Er arbeitete für Agenturen und diverse Kunden im Bereich Multimedia. Seit Herbst 2015 leitet er die Bundesgeschäftsstelle des bdfm. 2023 übernahm er die Leitung der musikschule intern.

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